Die Bienensprache – wie kommunizieren Bienen untereinander?

Bienen tummeln sich

Das Wort „Sprache“ ist hier natürlich nicht ganz angebracht, denn Bienen kommunizieren nicht über Laute, ihr Kopf besitzt keine Stimmorgane, die ihnen gestatten würden, Töne zu äußern, die von anderen verstanden werden könnten. Es geht hier also um nonverbale Kommunikation, die auf andere Dinge setzt als eine Stimme. Mit einer Einschränkung: eine neue Bienenkönigin kann tatsächlich Laute von sich geben, die mit einem ‚Fiepen‘ umschrieben werden. Sie tut das, ehe sie schlüpft, um so auf sich aufmerksam zu machen.

Das setzt voraus, dass die bereits erwachsenen Tiere auch hören können, damit sie der Laut erreicht und das weitere Verhalten auslöst. Die Erwartung einer jungen Königin ist das Signal für die alte Königin, mit einem Teil des Schwarms den Stock zu verlassen und sich eine neue Bleibe zu suchen. Das hat innerhalb weniger Stunden zu geschehen. Natürlich ist das ein großes Ereignis für ein Bienenvolk. Alltäglich praktiziert wird dagegen die Kommunikation über Gerüche und über Bewegungen.

Pheromone als ‚Personalausweis‘

Ein Bienenvolk und sein Zuhause, der Bienenstock, hat eine eigene Duftnote. Nur Bienen, die hier geschlüpft sind, haben diesen eigenen Geruch und können von den anderen Tieren als ihnen zugehörig erkannt werden. Wer in den Stock kommt und anders duftet, ist ein Fremder und wird dann von Wächterbienen attackiert. Diese spezielle Duftnote wird von der Königin erzeugt, die dafür eigene Drüsen besitzt. Durch Körperkontakt wird dieser Geruch weitergegeben und im ganzen Stock verteilt, bis jede seiner Bewohnerinnen davon markiert wurde. Sollen diese Pheromone ein Verhalten auslösen, dauert es darum etwas, bis es zur Ausführung kommt, denn erst muss der Duftstoff alle erreicht haben.

„Kommunikation ist die Brücke, die Individuen verbindet, und Bienen sind meisterhafte Ingenieure dieser Brücken.“

Alle Arten von Bienen, von der Arbeiterin über die männliche Drohne bis zur Königin, können Pheromone erzeugen. Aber nur die Königin hat die notwendigen Düsen, um die ‚Volkszugehörigkeit-Markierung‘ zu erzeugen. Das geschieht über die Mandibeldrüsen, dort entsteht die sogenannte ‚Königinnensubstanz‘, neben dem Eigengeruch aus der Tergittaschendrüse. Seine Präsenz im Stock kann unterschiedlich stark wahrnehmbar sein. Wenn es sich zu sehr verteilt, weil es zu viele Bienen gibt, kommt es zum Bau von Weiselzellen. Das ist dann die Vorbereitung für die Bildung eines Schwarmes, der sich vom Nest verabschieden wird, denn nur eine neue Bienenkönigin wird in einer Weiselzelle schlüpfen. Ob die Larve zu einer Königin auswächst, hängt damit zusammen, was sie zur Fütterung bekommt. Die neue Königin wird wiederum ihr eigenes Pheromon haben und unter dem Restvolk verteilen.

Pheromone als Markierungshilfe

Bei Alarm ausgegebene Pheromone sind kein Privileg von Königinnen und können von jeder Arbeitsbiene eingesetzt werden, was geschieht, wenn sie sticht. Der Stich ist also gleichzeitig eine Markierung als Ziel für die anderen. Das Flugloch am Bienenstock ist ebenfalls markiert, wozu die Tarsaldrüsen an den Füßen einer Biene zum Einsatz kommen. So kann jedes Tier den Ausgang finden, weil er ‚danach riecht‘. Der innere Nestaufbau kennt Bereiche, die für bestimmte Zwecke reserviert sind, etwa die Einlagerung von Pollen, die Anlage von Brutzellen für den Nachwuchs und solche für die Drohnen.

Das setzt voraus, dass den anderen Tieren kommuniziert wird, welcher Bereich für welchen Zweck gedacht ist, damit es nicht zum Durcheinander kommt. Ebenfalls über Markierungen. Die Trophallaxis setzt ebenfalls eine minimale Kommunikation voraus. Der Begriff bezeichnet das soziale Füttern unter erwachsenen Tieren, wie es häufiger unter Tierarten zu finden ist, die Staaten oder große Gemeinschaften bilden. Bei Bienen werden rückkehrende Sammelbienen im Nest von anderen Bienen angebettelt, ihnen vom Futter abzugeben. Bei Honigmacherinnen ist das Teil der Arbeitsteilung, aber Jungbienen und Drohnen betteln nicht um Honig aus der Blase, um diesen einzulagern, sondern selbst zu fressen. Während des Fütterungsvorgangs wird mit den Antennen Kontakt gehalten. Dies ist eine der Gelegenheiten, die ‚Königinnensubstanz‘ als identitätswahrendes Pheromon weiterzugeben.

„Bienen sind nicht nur Honigproduzenten, sie sind Symbole der effektiven Kommunikation und Zusammenarbeit in der Natur.“

Pheromone für die Orientierung

Im Bienenstaat gibt es feste Aufgaben. Unter dem ‚fliegenden Personal‘ außerhalb des Stocks gibt es neben den Sammlerinnen, die die Pollen und den Nektar aus Blüten heranbringen, auch ausgewiesene Scouts. Erkunder sind sehr wichtig in der Phase des Ausschwärmens, wenn ein Bienenschwarm ein neues Zuhause für die Ansiedelung sucht, aber als Spurbienen sind welche ebenso während des Tagesgeschäfts tätig. Sie setzen ihr Sekret aus der Sterzeldrüse ein, um Blüten für die Sammlerinnen zu markieren, verlieren aber auch während des Fliegens zum Bienenstock eine Duftfahne als Mischung aus dem Blütenduft und ihrem Pheromon, welche die Sammelbienen dann dorthin leiten soll.

Die Scouts werden von einem Schwarm ausgesandt, die sich auf Wanderschaft begeben haben. Sie sollen einen optimalen Nestplatz finden. Mehrere davon starten und suchen, während der Schwarm mit der Königin auf einem Zwischenlagerplatz rastet. Wenn sie zurückkommen, versuchen sie das Volk davon zu überzeugen, dass ihr Fund der beste ist. Dabei spielt eine Rolle, wie viele Kundschafter dieselbe Nachricht überbringen. Sind sie erfolgreich, macht sich der Schwarm auf, dorthin zu fliegen, wohin die Kundschafter empfehlen, sich mit einem neuen Nestbau häuslich einzurichten. Aber wie bringen die Scouts diese wichtige Richtungsweisung vor? Das bringt uns zu der Kommunikationsmethode, die am faszinierendsten von allen ist.

Bienentänze, in Kreisen oder Achten

Kundschafter Bienen können eine Richtung ausweisen und eine Entfernung, indem sie vor ihren Artgenossinnen einen Tanz aufführen. Der Tanz ist also nicht zufällig choreografiert, sondern enthält durch seine Figuren Informationen. Sowohl, wenn der Schwarm Orientierung sucht für eine Neuansiedlung, wie gerade besprochen, als auch im Alltag, wenn es darum geht, reiche Quellen für Nahrung und die Honigproduktion mitzuteilen. Dafür wird entweder der Rundtanz oder der Schwänzeltanz (mit der Acht) aufgeführt. Der Unterschied liegt in der Entfernung. Für nahe gelegene Futterquellen genügt der Rundtanz, das Tier beschreibt Kreise. Sollte das entdeckte Blütenmeer weiter als hundert Meter vom Stock liegen, braucht es eine aussagekräftigere Kommunikation. Dann setzt die Suchbiene den Schwänzeltanz ein. Ihre Bewegungen beschreiben jetzt eine Acht.

Befindet sie sich auf dem Zwischensteg der Acht, vor dem Beschreiben der nächsten Rundkurve, lässt sie ihr Hinterteil hin- und herschwenken – das Schwänzeln. Das Tempo dieser Bewegungen sagt aus, wie weit die Nahrungsquelle entfernt ist. Langsamer bedeutet, der Weg ist weiter. Noch kurioser ist, dass dieser Tanz auch noch eine Richtung auszudrücken vermag. Dazu wählt die Suchbiene eine Ausrichtung in Abhängigkeit vom Sonnenstand. Zeigt die Mittelachse mit dem Schwänzelaktivität auf zur Sonne, so liegt das Futter in dieser Richtung. Aber sie kann noch mehr. Der Winkel, der diese Mittelachse der Acht abweichen lässt von der Richtung zur Sonne, entspricht auch der Richtung zur neuen Futterquelle. Das setzt voraus, dass die Zuschauerinnen das genau so zu verstehen vermögen. Ein Teil von ihnen schließt sich dem Tanz an und imitiert die Bewegungsabläufe der Kundschafterin. So wird sozusagen der Flug Kurs einprogrammiert und die Sammlerinnen können sich in die Richtung der Mittelachse davonmachen. Mit dem Pheromon der Tänzerin haben sie die Duftfahne aufgenommen, der sie dann hoffentlich unterwegs folgen können. Das ist schon ein sehr komplexer Vorgang für Insekten. Ganz erforscht ist noch nicht, wie das möglich ist.

Von einem aufmerksamen Leser habe ich dieses tolle Poster zum Bienentanz bekommen:

Poster - Bienentanz

(Quelle/Urheber: J.Tautz & J.Isendyck)

Faulheit wird nicht geduldet

Die Intensität, mit der diese Tänze aufgeführt werden, wobei mit Vibrationen über den ‚Tanzboden‘ andere Tiere aufgerüttelt werden, verkündet dazu, für wie wichtig die Kundschafterin ihre Botschaft hält. Sie befindet sich dabei in Konkurrenz zu anderen Suchbienen, die ähnliche Botschaften mitgebracht haben. Jetzt ist die Frage, wer als Bienen-‚Influencer‘ die meisten ‚Follower‘ aktiviert. Und wer von den Arbeiterinnen verschlafen ist und nicht so recht mitmacht, wird am Hinterleib umklammert und mit Vibrationen des Leibes zum Mitmachen aufgefordert. Denn Chillen ist, du ahnst es, nicht so cool in einem Bienenvolk.

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Redaktion
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Wer schreibt hier? Ich bin Christian, 33 Jahre alt und komme aus Hannover. Meine Leidenschaft zur Tierwelt habe ich im frühen Alter erlangt. Zusammen mit Hunden, Katzen, Vögeln und Kaninchen als Haustieren, habe ich jahrelange praktische Erfahrung erlernen dürfen. Viel Spaß beim Stöbern! Viele Grüße, Christian

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